Mit diesem Begriff werden zwei Dinge beschrieben – zum einen ein Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern (z.B. in Bezug auf Lohnunterschiede oder unterschiedliche Verteilung von Sorgearbeit) und zum anderen eine spezifische Schreibweise, die möglichst viele Personen mit einschließen soll (gendergerechte Sprache).
a) deutsch „Geschlechter-Kluft“: bezeichnet i.d.R. eine Benachteiligung oder Geringerschätzung von Teilnehmerinnen in verschiedenen Bereichen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens sowie die dadurch entstehende Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. Gender Gaps zeigen sich beispielsweise in Form von Lohnunterschieden, ungleichen Chancen bei Ausbildung und Arbeitssuche und der Besetzung von Führungspositionen durch vornehmlich männliche Mitarbeiter (siehe Diskriminierung und geschlechtsbezogene Segregation des Arbeitsmarktes). Auch fallen hier Lohnausfälle durch Hausarbeit und Kinderbetreuung sowie die häufig ungleiche Arbeitsverteilung in diesen Bereichen zu Lasten der Frauen ins Gewicht (vgl. DIW Berlin 2016). Langfristige Folgen solcher Ungleichbehandlungen sind die Manifestation patriarchaler Strukturen und eine wachsende Kluft zwischen den Geschlechtern. Praktisch schlägt sich dies z.B. in zunehmenden Abständen im Rentenniveau zwischen Männern und Frauen nieder (vgl. Dressel/Wanger 2008). Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wurden Maßnahmen wie Quotenregelungen oder andere Ansätze zur gezielten Förderung von Frauen entwickelt (positive Diskriminierung/Frauenförderung).
b) deutsch „Geschlechter-Lücke“: eine inklusive Schreibweise, die sowohl das feminine und das maskuline Geschlecht als auch andere geschlechtliche Identitäten (siehe jeweils einige Bedeutungen von queer und Trans*geschlechtlichkeit) anspricht (gendergerechte Sprache).
Bezüge zur Sozialen Arbeit
Im Folgenden wird nur die Geschlechter-Kluft in Bezug auf den Arbeitsmarkt und die Sorgearbeit näher betrachtet (zu Beispielen in Bezug auf geschlechtergerechte Sprache siehe dort).
In der Sozialen Arbeit ist die Kluft in Bezug auf weibliche und männliche Beschäftigte unmittelbar zu spüren. Nicht umsonst spricht man bei sozialen Berufen von „Frauenberufen“. So ist das Gesundheits- und Sozialwesen durch einen überdurchschnittlichen Anteil weiblicher Beschäftigter gekennzeichnet. Dies spiegelt sich jedoch nicht auf den Führungsebenen wider (Holst /Busch /Kröger 2012, S. 78; Brader /Lewerenz 2006, S. 2f.).
Durch unterschiedliche Definitionen und statistische Erfassung sind die genauen Zahlen der Verteilung von Frauen und Männern auf den Hierarchieebenen der Sozialen Arbeit schwer zu ermitteln. Die Bundesagentur für Arbeit stellt aber beispielsweise fest, dass in den Tätigkeitfeldern der „Kindererziehung und -betreuung“ im März 2016 der Männeranteil insgesamt ca. 10 Prozent betrug, in der Sozialarbeit insgesamt ca. 17% und bei den Leitungskräften im Bereich „Erziehung und Sozialarbeit“ zum selben Zeitpunkt ca. 20%. (vgl. Bundesagentur für Arbeit 2016).
Um den Gender Gap in den Sozial- und Gesundheitsberufen zu verringern, gilt es also einerseits, den Anteil männlicher Beschäftigter in den Tätigkeitsfeldern auf den niedrigeren Hierarchieebenen zu erhöhen (hierzu wurden z.B. Programme wie „Mehr Männer in Kitas“ oder „Quereinstieg – Männer und Frauen in Kitas“, mit dem insbesondere Männer für eine Tätigkeit in Kindertagesstätten gewonnen werden sollen, durchgeführt). Andererseits ist es notwendig, den Anteil weiblicher Fachkräfte insbesondere auf der mittleren und hohen Leitungsebene zu vergrößern. Dies wird z.B. im Rahmen von Modellprojekten wie der Initiative „Rückenwind – für die Beschäftigten und Unternehmen der Sozialwirtschaft“ oder durch gezielte Weiterbildung und Stärkung weiblicher Fachkräfte – z.B. im Rahmen des Zertifikatskurses „Gestärkt in Führung gehen – Frauen in Führungspositionen der Sozialen Arbeit“, der im Projekt KomPädenZ Potenzial entwickelt und erprobt wird – unterstützt.
Eine weitere Auswirkung des Gender Gap für die Soziale Arbeit ist die häufige Fluktuation in den Einrichtungen: Da die familiäre Erziehungs- und Sorgearbeit derzeit weiterhin überwiegend von Frauen ausgeübt wird, steigen sie auch deutlich häufiger über einen längeren Zeitraum aus dem Beruf aus (auch wenn inzwischen (Stand 2014) über 1/3 aller Väter für ihre Kinder Elternzeit nehmen, liegt diese Zeit überwiegend bei den zwei sogenannten „Vätermonaten“. Knapp 90% der Mütter nehmen dagegen mindestens ein Jahr Elternzeit und schöpfen damit den Bezugsrahmen für das Elterngeld voll aus – vgl. Destatis 2016). Dies führt dazu, dass gerade in den „Frauenberufen“ vermehrt durch Mutterschutz und Elternzeit bedingte Personalwechsel notwendig werden. Damit verbunden sind Folgen, wie z.B. befristete Stellen für die Dauer der Elternzeitvertretung, fehlende Kontinuität in den (pädagogischen) Teams und häufige Aus- und Wiedereinstiege von Kolleginnen. Nicht selten führen der Ausstieg der Frauen aus dem Beruf wie auch der Verlust von Anschlüssen im Job zu „verschenkten Potenzialen“ (Allmendinger 2010) und dazu, dass weibliche Fachkräfte nicht in die Leitungsebenen aufsteigen (s.o.).
Literatur
Akademie der bildenden Künste Wien (2010): Leitfaden geschlechtergerechtes Formulieren. URL: https://ikl.akbild.ac.at/study/survival_kit/survival-kit-fuer-lehrende/leitfaden-geschlechtergerechtes-formulieren [25.01.2017].
Allmendinger, Jutta (2010): Verschenkte Potenziale? Frankfurt / New York: Campus Verlag.
Bundesagentur für Arbeit (2016): Arbeitsmarkt in Zahlen – Beschäftigungsstatistik (Stand März 2016). URL: https://statistik.arbeitsagentur.de/Statistikdaten/Detail/201603/iiia6/beschaeftigung-sozbe-bo-heft/bo-heft-d-0-201603-xlsx.xlsx [25.01.2017].
Brader, Doris/ Lewerenz, Julia (2006): Frauen in Führungspositionen: An der Spitze ist die Luft dünn. (IAB-Kurzbericht, 02/2006). Nürnberg.
Destatis (21.06.2016): Väterbeteiligung beim Elterngeld steigt weiter an (Pressemitteilung). URL: https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2016/06/PD16_212_22922.html [25.01.2017].
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin (2016): Pressemitteilung vom 02.03.2016. URL: http://www.diw.de/de/diw_01.c.528162.de/themen_nachrichten/auch_in_doppelverdiensthaushalten_vollzeiterwerbstaetige_frauen_leisten_deutlich_mehr_hausarbeit_als_maenner_unterschiede_verringern_sich_kaum.htmln [30.01.2017].
Dressel, Kathrin / Wanger, Susanne (2008): Erwerbsarbeit: Zur Situation von Frauen auf dem Arbeitsmarkt. In: Becker, Ruth / Kortendiek, Beate (Hrsg.): Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung. Theorie, Methoden, Empirie (2., aktualisierte und erweiterte Aufl.). Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, S. 481–490.
Holst, Elke / Busch, Anne / Kröger, Lea (o.J.): Führungskräftemonitor 2012. Herausgegeben vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Online verfügbar unter: https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw.../diwkompakt_2012-065.pdf [30.01.2017].
Leuphana Universität Lüneburg / Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik / Projekt "KomPädenZ Potenzial" 2017
Haftungshinweis: Wir übernehmen keine Haftung für die Inhalte externer Links. Für den Inhalt der verlinkten Seiten sind ausschließlich die betreibenden Personen oder Organisationen verantwortlich.