= Vormachtstellung, Vorherrschaft, Überlegenheit einer Person, Institution oder Gruppierung gegenüber einer anderen.

Seit Mitte des 20.Jahrhunderts wird der Begriff in der Regel in Zusammenhang mit dem italienischen Soziologen Antonio Gramsci genannt, der annahm, dass hegemoniale Strukturen vor allem dann Bestand hätten, wenn die vorherrschende Gruppe der beherrschten Gruppe die eigenen Ziele so verkauft, dass letztere sie als gesellschaftliches Allgemeininteresse annimmt (vgl. Amjahid 2014).  Neben dieser auf Konsens beruhenden Form von Hegemonie gibt es auch jene, die auf Zwang aufbaut. In diesem Fall versucht die überlegene Gruppe ihre Interessen mit militärischem, finanziellem oder sozialem Zwang  umzusetzen. Diese Methode führt jedoch häufig zu Protesten der unterdrückten Gruppe und ist i.d.R. weniger stabil als die auf Konsens basierende Hegemonie. Laut Gramsci finden sich hegemoniale Strukturen nicht nur auf übergeordneter staatlicher Basis, sondern in allen Bereichen der Zivilgesellschaft (vgl. Brand 2004).

Die Folge von hegemonialen Strukturen ist, dass die Teile der Gesellschaft, die nicht zur vorherrschenden Gruppe gehören, dauerhaft daran gehindert werden, ihre eigenen Ziele zu verfolgen (vgl. Abercrombie/Turner 1978). Es besteht also eine ungleiche Machtverteilung, eine Machthierarchie, die, einmal etabliert, nur schwer wieder abgebaut werden kann.

Bezüge zur Sozialen Arbeit

Zwischen Träger und einer (sozial-)pädagogischen Institution besteht ein Abhängigkeitsverhältnis, welches immer bewusst zum Thema gemacht bzw. reflektiert werden sollte. Es besteht ansonsten die Gefahr, dass der Träger die überlegende Machtstruktur ausnutzt und bspw. der KiTa-Leitungskraft bei Uneinigkeiten jeglicher Art finanzielle Mittel verwehrt, Anträge nicht bewilligt oder Freistellungszeiten für Leitungstätigkeiten nicht gewährt. Hegemonie ist an vielen Stellen innerhalb der Sozialen Arbeit ein Thema, das nicht dethematisiert werden darf. Auch Verhältnisse zwischen Fachkraft und Adressat*in sind davon betroffen und sollten deshalb stets dahingehend hinterfragt werden, ob das ungleiche Machtverhältnis ausgenutzt wird. Zu achten ist dabei besonders im direkten Adressat*innenbezug darauf, ob Abläufe, Handlungen oder auch formulierte Ziele in einem partizipativen Prozess erarbeitet oder ob diese zwanghaft aufgetragen wurden.

Ebenso bestehen häufig hegemoniale Machtverhältnisse zwischen Klient*innen der Sozialen Arbeit und den Fachkräften. Sei es aufgrund des Entwicklungsstandes (z.B. das Verhältnis Kind – Erwachsene in der Kita), eines Wissensvorsprungs (z.B. Abhängigkeiten von Empfänger*innen von Transferleistungen gegenüber den Sachbearbeiter*innen mit höherer Sachkenntnis) oder eines konkreten Machtverhältnisses, wenn Sozialarbeiter*innen über die Gewährung von Unterstützungsleistungen entscheiden und die Klient*innen daher z.B. Mitwirkungspflichten nachkommen müssen.

Literatur

Abercrombie, Nicholas/ Turner, Brian S. (1978): The dominant ideology thesis. In: The British Journal of Sociology, 29(2), pp. 149–170.

Amjahid, Mohamed (2014): Über den (gramscianischen) Hegemoniebegriff. URL: http://userwikis.fu-berlin.de/pages/viewpage.action?pageId=409534474 [Stand: 16.01.2017].

Brand, Ulrich (2004): Was ist eigentlich Hegemonie? URL: http://www.taz.de/!697314/ [Stand: 16.01.2017].

Leuphana Universität Lüneburg / Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik / Projekt "KomPädenZ Potenzial" 2017


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