= Muster für Verhalten, das in Verbindung zu einer spezifischen Position in einem spezifischen gesellschaftlichen Kontext steht. Das Muster ist mit bestimmten Erwartungen verknüpft und das konkrete Verhalten in jenem Kontext wird von anderen Menschen darin anhand jener beurteilt (vgl. Lautmann/Buchhofer 2011 & Preyer 2012).

Die gesellschaftlichen Kontexte, in denen soziale Rollen entstehen und Bedeutung haben können, sind vielfältig. Alltagssituationen können ebenso dazu gehören wie stabilere Gruppen und Organisationen (vgl. Lautmann/Buchhofer 2011). Beispiele für soziale Rollen bilden Lehrkräfte im schulischen oder Parteimitglieder im politischen Kontext – in Abgrenzung zu z.B. Journalist*innen, die sich in diesem Kontext bewegen, um über die Partei zu berichten.

In der allgemeinen Sozialisation und Persönlichkeitsbildung der Menschen wirken sich Rollenerwartungen bereits beeinflussend aus, während die Sozialisation für bestimmte Rollen erst im Erwachsenenleben stattfindet (vgl. Lautmann/Buchhofer 2011 & Preyer 2012).

Für einige Kontexte kann das Ausüben einer spezifischen Rolle eine der Bedingungen für die Teilnahme an dem Kontext sein (vgl. Preyer 2012). Einige Kontexte verfügen auch über explizit ausformulierte Erwartungen an die jeweiligen Rollen. Grundsätzlich ist aber von einem Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung der Rolle in konkretes Verhalten auszugehen – in Analogie zum Theaterkontext, aus dem der Begriff der Rolle in die Soziologie übernommen wurde, kann hier auch von Interpretation gesprochen werden (vgl. Lautmann/Buchhofer 2011 & Preyer 2012). Der Spielraum eröffnet auch die Möglichkeit, sich von Rollen zu distanzieren (vgl. Preyer 2012) und sich z.B. anhand rollenunabhängiger (oder nur gering durch Rollen beeinflusste) Merkmale der eigenen Persönlichkeit von Rollen wie auch Erwartungen zu emanzipieren (vgl. Lautmann/Buchhofer 2011). Auch ist es möglich, durch das eigene Verhalten selbst Einfluss auf Rollenerwartungen zu nehmen (vgl. ebd. & Preyer 2012).

Generell sind auch die Reaktionen der anderen Teilnehmenden der jeweiligen sozialen Situation nicht durch ihre Erwartungen vorbestimmt. Auch in ihre Reaktionen wirken mehrere rollenunabhängige Faktoren hinein. Rollen und Rollenerwartungen können somit als Orientierungsangebote für Verhalten und dessen Bewertung aufgefasst werden. Dies trägt auch mit dazu bei, dass Konsequenzen für das Abweichen von Rollenerwartungen sehr unterschiedlich ausfallen können, beispielsweise in einem irritierten (vorläufigen) Kommunikationsabbruch, einem Ausschluss aus dem jeweiligen Kontext oder (wie erwähnt) einer Anpassung der Erwartungen an das abweichende Verhalten (vgl. Preyer 2012).

So wie sich ein Mensch in mehreren gesellschaftlichen Kontexten bewegt, gehören auch mehrere Rollen gleichzeitig zu ihm oder ihr. Gerade im Zusammenhang mit der allgemeingesellschaftlichen Differenzierung und Pluralisierung, beispielsweise von Lebensmodellen, kann sowohl von einer Vervielfältigung der Rollenzugehörigkeiten als auch von einer Vergrößerung des jeweiligen Gestaltungsspielraums ausgegangen werden (vgl. Preyer 2012). Dies sollte aber nicht über nach wie vor – u.a. im Geschlechterverhältnis (siehe Gender) oder im Verhältnis zwischen den sozialen Klassen – bestehende Unterdrückung hinwegtäuschen, die sich beispielsweise feministischer Kritik zufolge nicht über Rollenbegriffe erfassen lässt (vgl. Meuser 2010).

Bezüge zur Sozialen Arbeit

Die Rolle als männlicher Erzieher in einer Kindertagesstätte kann unter verschiedenen Perspektiven gedacht werden. Eine ist der Blick der Profession Erzieher*in. Auch der männliche Erzieher sollte mit Kindern basteln, malen, singen, spielen, ein Buch lesen und die Windeln wechseln. Letzteres führt häufig zu einer Herausforderung. So sind Eltern teilweise skeptisch und ablehnend, wenn ihr Kind von einem vermeintlich fremden Mann – dem Erzieher – gewickelt werden soll. Die soziale Rolle als Erzieher in seine Profession wird hierbei außer Acht gelassen. Vielmehr steht in einer solchen Situation die soziale Rolle als Mann (und damit Angehöriger einer möglichen „Tätergruppe“) im Vordergrund. Unter dieser Perspektive ist die Erwartungshaltung an die Arbeit von vielen Eltern oder Kolleg*innen eine andere. An die Rolle „Mann“ werden zum Beispiel Erwartungen geknüpft wie mit den Kindern zu werken, schwere Kisten aus dem Regal holen oder mit den Kindern (insbesondere den Jungen) zu raufen und Fußball zu spielen.

Es zeigt sich also, dass es Konflikte und Irritationen zwischen den verschiedenen sozialen Rollen einer Person geben kann. Ein sensibler und bewusster sowie transparenter Umgang mit allen Beteiligten in Bezug auf die Rollenerwartungen im jeweiligen Handlungsfeld ist daher unerlässlich und notwendig.

Literatur

Lautmann, Rüdiger/ Buchhofer, Bernd (2011): Rolle, soziale. In: Fuchs-Heinritz et al. (Hrsg.): Lexikon zur Soziologie (5., überarbeitete Auflage9. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 581.

Meuser, Michael (2010): Geschlecht und Männlichkeit. Soziologische Theorie und kulturelle Deutungsmuster (3. Auflage9. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Preyer, Gerhard (2012): Rolle, Status, Erwartungen und soziale Gruppe. Mitgliedschaftstheoretische Reinterpretationen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.


Leuphana Universität Lüneburg / Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik / Projekt "KomPädenZ Potenzial" 2017


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