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= die Ausrichtung des sexuellen Interesses eines Menschen auf potenzielle Sexualpartnerinnen oder -partner (bzw. Menschen, zu denen ein bestimmtes Begehren verspürt wird) eines bestimmten Typs (meistens anhand des Geschlechts (Gender)) und/oder auf bestimmte sexuelle Handlungen (vgl. Dreier/Kugler/Nordt 2012 und Spahn 2014b).

Diese Ausrichtung muss nicht eindeutig und auch nicht ein Leben lang gleich ausgeprägt sein (vgl. Dreier/Kugler/Nordt 2012 und Spahn 2014b). Sie kann entsprechend Wandlungen verzeichnen.

Im Rahmen der in westlich-modernen Gesellschaften vorherrschenden Heteronormativität und Geschlechterdualität gehen viele Menschen von drei Grundtypen sexueller Orientierung aus, die jeweils das Geschlecht des begehrenden Menschen zu dem der begehrten Menschen in Beziehung setzen: In diesem Sinne handelt es sich bei diesen Typen um das als Norm gesetzte gegengeschlechtliche heterosexuelle Begehren, das gleichgeschlechtliche homosexuelle Begehren und das Vorhandensein sowohl gegen- als auch gleichgeschlechtlichen Begehrens, was viele Menschen als Bisexualität bezeichnen (vgl. Dreier/Kugler/Nordt 2012).

Diese Einteilung und auch andere Äußerungen der Heteronormativität behandeln und konstruieren sexuelle Orientierung als eine Differenzkategorie (siehe Diversity). Ein Beispiel für eine sich daraus ergebende Ideologie der Diskriminierung bildet die Homosexuellenfeindlichkeit. Zudem kann diese Einteilung auch zur Ausgrenzung oder anderen Formen der Benachteiligung von Menschen führen, die sich beispielsweise als queer (im Rahmen von Trans*geschlechtlichkeit oder auf eine andere Weise) definieren wollen. Die eigene sexuelle Orientierung selbst zu definieren, kann eine Handlung des Empowerment sein.

Sexuelle Orientierung unterscheidet sich von anderen Differenzkategorien (wie z.B. mehrere Formen der „Ethnizität“) u.a. dadurch, dass sie weniger explizit sichtbar ist, sodass Menschen mit einer als von der Norm abweichend definierten Orientierung in manchen sozialen Zusammenhängen die Chance haben, einer Stigmatisierung zumindest vorübergehend zu entgehen. Gleichzeitig kann die hohe Präsenz bestimmter Vorurteile und Stereotype über homosexuelle Menschen dazu führen, dass lediglich für homosexuell gehaltene Menschen mit Homosexuellenfeindlichkeit konfrontiert werden (vgl. Tietz 2015).

Auch gegenüber bisexuellen Menschen bestehen weit verbreitete spezifische Vorurteile. Jene gelten oft als verwirrt oder unentschlossen, sich in einer Übergangsphase zu einer eigentlich homosexuellen Identität befindend oder nur zum Erlangen von Aufmerksamkeit als bisexuell lebend (vgl. Spahn 2014a).

Bezüge zur Sozialen Arbeit

Aus Angst vor Diskriminierung halten viele mit ihrer sexuellen Orientierung und Identität hinterm Berg, wenn sie nicht der traditionellen Norm, der Heterosexualität, entsprechen (s.o.). Fachkräfte der Sozialen Arbeit haben es somit häufig mit LGBTI-Menschen (LGBTI= lesbian, gay, bi, transgender, intersex) zu tun, ohne es zu wissen. Um Ausgrenzungen und Diskriminierungen zu verhindern, gilt es daher, stets auf eine entsprechend bewusste Kommunikation zu achten und diskriminierungsarme Sprache zu nutzen.

In Beratungssettings kann das Thema der sexuellen Orientierung sowohl in Bezug auf Personen auftauchen, die ihre sexuelle Orientierung offen leben (z.B. in Selbsthilfegruppen und Vereinen der LGBTI-Community als auch im Austausch mit Personen, die sich unsicher in Bezug auf diese sind oder nicht wissen, wie sie es schaffen können, offen mit ihrer sexuellen Orientierung umzugehen (z.B. in der Arbeit mit Heranwachsenden in der Jugendarbeit, der Schulsozialarbeit, der Freizeitpädagogik, in Heimen, etc.).

Der rechtliche Auftrag der Sozialen Arbeit, sich gegen Ausgrenzungen aufgrund sexueller Orientierung einzusetzen und diesbezüglich auch selbst keine Ungleichbehandlung zu praktizieren, ergibt sich z.B. aus §2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), den §§ 1 und 9 des SGB VIII sowie aus Artikel 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland.

Der DBSH (Deutscher Berufsverband für die Soziale Arbeit) hat entsprechende Grundprinzipien Sozialer Arbeit verabschiedet. So heißt es dort z.B.

„1. Negativer Diskriminierung entgegentreten –             
Sozialarbeiter/innen haben die Pflicht, negativer Diskriminierung auf Grund von Merkmalen wie Fähigkeiten, Alter, Kultur, Geschlecht, Familienstand, sozioökonomischem Status, politischer Überzeugung, Hautfarbe, Rasse
[sic] oder anderer körperlicher Gegebenheiten, sexueller Orientierung oder spiritueller Überzeugung entgegenzutreten“ (Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e. V. 2009).

Literatur

Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e. V. (2009): Grundlagen für die Arbeit des DBSH e.V. URL: http://www.dbsh.de/fileadmin/downloads/grundlagenheft_-PDF-klein_01.pdf [08.03.2017].

Dreier, Katrin/ Kugler, Thomas/ Nordt, Stephanie (2012): Glossar zum Thema geschlechtliche und sexuelle Vielfalt im Kontext von Antidiskriminierung und Pädagogik. In: Bildungsinitiative Queerformat und Sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg (Hrsg.): Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in der pädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Handreichung für Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe. Berlin: Queerformat, S. 84–       10084–100. URL: http://www.queerformat.de/fileadmin/user_upload/news/120622_SexuelleVielfalt_Glossar.pdf [05.01.2017].

Spahn, Annika (2014a): Bisexualität. URL: https://queer-lexikon.net/desire/bisexualitaet [13.01.2017].

Spahn, Annika (2014b): Sexuelle Orientierung. URL: https://queer-lexikon.net/desire/sexuelle_orientierung [13.01.2017].

Tietz, Lüder (2015): Homosexualität, Cross-Dressing und Transgender: Heteronormativitätskritische kulturhistorische und ethnographische Analysen. Oldenburg: Institut für materielle Kultur. URL: https://www.uni-oldenburg.de/fileadmin/user_upload/materiellekultur/Studien_zur_Materiellen_Kultur/Band16_Tietz_Diss_Homosexualitaet_2015.pdf [02.11.2016].

Leuphana Universität Lüneburg / Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik / Projekt "KomPädenZ Potenzial" 2017


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