= (geschlechter)politische Strategie in den öffentlichen Verwaltungen der EU- sowie der Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen, die durch den Gebrauch der Kategorie Gender anerkennt, dass die Handlungsmöglichkeiten der Geschlechter von politischen, ökonomischen, sozialen sowie kulturellen Strukturen beeinflusst werden. Sie zielt darauf, „in alle Entscheidungsprozesse die Perspektive des Geschlechterverhältnisses einzubeziehen und alle Entscheidungsprozesse für die Gleichstellung der Geschlechter nutzbar zu machen“ (Stiegler 2008a, S. 20), unterscheidet sich dabei aber von der Frauen-Gleichstellungspolitik (Frauenförderung), da sie nicht ausschließlich auf Frauen fokussiert.

"Gender Mainstreaming ist die (Re-)Organisation, Verbesserung, Entwicklung und Evaluierung grundsatzpolitischer Prozesse mit dem Ziel, die geschlechterbezogene Sichtweise in alle politischen Konzepte auf allen Ebenen und in allen Phasen durch alle normalerweise an politischen Entscheidungsprozessen beteiligte Akteure einzubringen" (Europarat 1998). Als neue geschlechterpolitische Strategie, die an bestehenden ansetzt und diese ergänzt, versucht sie, Gender-Theorien zur Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Sichtweisen inklusive der Überwindung ihrer Hemmnisse in den Mainstream, also in die Mitte der Gesellschaft, zu holen. Der Grundsatz, die Dimension Gender mitzudenken, zu deren Umsetzung staatliche Verwaltungen der Europäischen Union seit der Aufnahme des Prinzips in den Amsterdamer Vertrag im Jahre 1996 verpflichtet sind, bezieht sich damit nicht nur auf Entscheidungsprozesse in Organisationen. Gender Mainstreaming wird zunehmend auch als Instrument der Qualitätssicherung, der Organisations- und Personalentwicklung in zahlreiche andere Bereiche übertragen (vgl. Henschel 2012) sowie zur Herstellung von Chancengleichheit (vgl. Stiegler 2008) unter den Geschlechtern in die Gesellschaftspolitik implementiert. Damit ist Gender (Mainstreaming) ein Gesellschaftsanliegen.

Bezüge zur Sozialen Arbeit

Gender Mainstreaming als Organisationsentwicklungsinstrument wird von den Trägern der Sozialwirtschaft beispielsweise genutzt, um vorhandene Strukturen zu überprüfen und ggf. weiterzuentwickeln. Das betrifft u.a. Fragen der Stellenbesetzung, der Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder der Personalbindung auch während und nach Pflege- oder Erziehungszeiten. Die damit verbundenen Maßnahmen dienen der Chancengerechtigkeit zwischen den Geschlechtern und führen dabei zugleich in der Regel zu einer höheren Zufriedenheit der Mitarbeitenden mit ihrem Arbeitgebenden. Damit trägt Gender Mainstreaming zur Personalbindung bei – in einem Handlungsfeld, das von einem Fachkräftemangel und den Folgen des demografischen Wandels betroffen ist, eine wichtige Maßnahme zur Zukunftssicherung.

Gleichzeitig finden sich in der Praxis der Sozialen Arbeit die mit dem Gender Mainstreaming verbundenen Themen, wie Gender, Chancengleichheit oder Androzentrismus, wieder (siehe dort zur praktischen Relevanz).

Literatur

Europarat (1998): Gender Mainstreaming. Konzeptueller Rahmen, Methodologie und Beschreibung bewährter Praktiken, GR-EG(98) 1. Strasbourg.

Henschel, Angelika (2012): Gender Mainstreaming als Aufgabe der Organisationsentwicklung im Kontext von Sozialmanagement. In: Bassarak, Herbert/ Schneider, Armin (Hrsg.): Forschung und Entwicklung im Management sozialer Organisationen. Augsburg: ZIEL-Verlag, S. 82–100.

Gender-Diversity-Portal der Leuphana Universität Lüneburg (2013): Gender Mainstreaming. URL: http://www.leuphana.de/gender-diversity-portal/gender/forschungsbereiche/gender-mainstreaming.html [14.12.2016].

Stiegler, Barbara (2008): Gender Mainstreaming: Fortschritt oder Rückschritt in der Geschlechterpolitik? In: Becker, Ruth/ Kortendieck, Beate (Hrsg.): Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung. Theorie, Methoden, Empirie (2., erweiterte und aktualisierte Auflage). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S.925–930.

Stiegler, Barbara (2008a): „Heute schon gegendert?“ Gender Mainstremaing als Herausforderung für die Soziale Arbeit. In: Böllert, Karin/ Karsunky, Silke: Genderkompetenz in der Sozialen Arbeit. Wiesbaden: VS, S. 19–28.

Leuphana Universität Lüneburg / Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik / Projekt "KomPädenZ Potenzial" 2017


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