= Gewaltform, von der vor allem Frauen anhand ihres Geschlechts betroffen sind, bei der Ausübende – vor allem Männer – Sexualität als Mittel zur strukturellen Gewaltausübung nutzen (vgl. Springmann 2010, S. 6).

Ähnlich wie bei anderer physischer oder psychischer Gewalt steht der Gewaltakt selbst im Vordergrund; es geht also um die zielgerichtete Schädigung einer anderen Person oder anderer Personen (vgl. Melzer 1998, S. 7). Die Schäden können je nach Art der sexualisierten Gewalt seelischer und/oder körperlicher Natur sein. Bereits die Androhung körperlicher Gewaltakte kann Teil der Schädigung sein.

Ein weiteres zentrales Merkmal sexualisierter Gewalt besteht darin, dass insbesondere durch psychische Schädigung von Männern an Frauen hegemoniale männliche Machtstrukturen gefestigt werden (Sexismus).

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) beschreibt sexualisierte Gewalt als umfassenden Begriff, der „sexuellem Missbrauch“, „sexueller Nötigung“, „sexueller Ausbeutung“ und „sexueller Gewalt“ übergeordnet ist, wobei jeder einzelne dieser Begriffe andere Akzente setzt. Sie sind jedoch nicht trennscharf voneinander abgrenzbar, was sich auch im aktuellen Diskurs um sexualisierte Gewalt widerspiegelt (vgl. BMFSFJ 2011, S. 11). So sind derzeit Initiativen, Organisationen sowie Wissenschaftler*innen, die sich mit der Thematik auseinandersetzen, daran interessiert, diese Trennschärfe gerade zwischen den Begriffen „sexualisierter Gewalt“ und „sexueller Gewalt“ herzustellen. Mit sexueller Gewalt sind häufig vor allem die Formen erzwungener sexueller Intimität gemeint. Die Perfidität der Aufrechterhaltung hegemonialer männlicher Machstrukturen durch Gewaltformen, die sich der strukturellen Ungleichheit der Geschlechter bedienen, wird entsprechend erst beim Begriff der sexualisierten Gewalt deutlich (vgl. Initiative für Gerechtigkeit bei sexueller Gewalt 2017; Springmann 2010, S. 6f.).

Bezüge zur Sozialen Arbeit

Sexualisierte Gewalt kann z.B. in Jugendzentren ein Thema sein. Beispielsweise dann, wenn Jugendliche sexualisierte Ausdrücke und Phrasen verwenden: „Du Fotze“ oder auch „Fick dich, du Opfer“. In solchen Situationen sind die Mitarbeiter*innen des Jugendzentrums gefragt. Entweder sie schreiten direkt in diese Situationen ein oder aber sie thematisieren sexualisierte Gewalt in einer Gesprächsrunde oder an geeigneter Stelle und machen so auf die Bedeutungen und Konsequenzen aufmerksam. Ein solches Handeln kann unter der Präventionsarbeit gefasst werden, die für die Fachkräfte der Sozialen Arbeit häufig zur Kerntätigkeit gehört.

Aber auch in der Nachsorge, also dann wenn eine Person sexualisierte Gewalt erfahren hat – beispielsweise eine Frau, die von einem Mann physische Gewalt erfahren hat und nun ein Frauenhaus aufsucht – ist es Aufgabe der Fachkräfte, die Betroffenen zu begleiten und zu unterstützen.

Literatur

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend/ Bundesministerium für Justiz/ Bundesministerium für Bildung und Forschung (2011): Abschlussbericht. Runder Tisch. Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich. Berlin.

Initiative für Gerechtigkeit bei sexueller Gewalt (2017): „Sexuelle“ oder „sexualisierte Gewalt“. URL: https://ifgbsg.org/sexuell-vs-sexualisiert/ [06.05.2017].

Melzer, Wolfgang (1998): Vorwort. In: Forschungsgruppe Schulevaluation (Hrsg.): Gewalt als soziales Problem in Schulen. Untersuchungsergebnisse und Präventionsstrategien. Opladen: Leske + Budrich.

Springmann, Veronika (2010): Für aktive Hochschulen und klare Richtlinien. Ein Gespräch mit Prof. Dr. Carol Hagemann-White über sexualisierte Diskriminierung und Gewalt. In: Zentrale Frauenbeauftragte der Humboldt-Universität zu Berlin (Hrsg.): Humboldt chancengleich, S. 6-7.

Leuphana Universität Lüneburg / Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik / Projekt "KomPädenZ Potenzial" 2017


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