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Relativismus (allgemein) =Haltung, die davon ausgeht, dass Erkenntnisse, Wissen oder moralische Werte nicht an sich, sondern nur in Beziehung zu bestimmten Kontexten, sozialen Lebensformen oder anderen Erkenntnissen bestehen, gelten oder betrachtet werden können (vgl. Rammstedt 2011).

Kulturrelativismus = Haltung, die davon ausgeht, dass jeder Wert und „jedes jedes Moralprinzip nur innerhalb einer bestimmten Kultur gültig sei“ sei(van den Boom 2002; Hervorhebung im Original).

Als Gegenteil des Kulturrelativismus kann der Universalismus beschrieben werden, der davon ausgeht, dass bestimmte Moralprinzipien und Werte (typischerweise sind damit u.a. die Menschenrechte gemeint) über eine Gültigkeit verfügen, die u.a. kultur- und nationenübergreifend ist . Mit dieser Gegenüberstellung soll in der Regel nicht behauptet werden, dass alle Menschen, die kulturrelativistisch argumentieren, grundsätzlich die allgemeine Gültigkeit der Menschenrechte abstreiten – dies ist vielmehr als eine Extremposition des Kulturrelativismus zu bezeichnen (vgl. ebd.). Aber auch an gemäßigtere Formen des Kulturrelativismus werden oft die Vorwürfe erhoben

Eine typische Kritik an vielen kulturrelativistischen Haltungen lautet demnach, zumindest dazu beizutragen, problematische soziale Praktiken zu verharmlosen oder gegen Kritik abzuschotten und damit auch die Möglichkeiten eines kritischen interkulturellen Dialogs einzuschränken (vgl. ebd.). Personen, die Kritik am Universalismus ausüben (und selbst nicht unbedingt Kulturrelativist/innen sein müssen), gehen zudem oft davon aus, ihn mit dem Hinweis darauf verwerfen zu können, dass einige seiner Strömungen sich auf z.B. bestimmte antike Philosophie oder Philosophie der Aufklärung und damit auf Werke privilegierter Menschen beziehen, die sich nicht mit den Widersprüchen zwischen ihrer Gleichheitskonzeption und der realen Ungleichheitspolitik ihrer Zeit gegenüber bestimmten Gruppen (wie z.B. Frauen oder versklavten Menschen) auseinandersetzten (und diese zum Teil selbst unterstützten). Auch die Widersprüche zwischen von europäischen Staaten ausgegebenen universalistischen Ansprüchen und ihrer kolonialen Eroberungs- und Herrschaftspraxis werden in diesem Rahmen oft angeführt. Demgegenüber werfen manche Universalist/innen den Kulturrelativierenden vor, vorkoloniale Gesellschaften zu romantisieren Für viele Menschen, die universalistische Haltungen vertreten, besteht wiederum das Risiko, nicht genug zu berücksichtigen, von welchem Ort aus sie sprechen, wie sie an diesen Ort gekommen sind (z.B. über Privilegien als weiße Personen) und ob ihnen von dort aus eher zugehört wird als Anderen. Dadurch geraten Differenzen und Kämpfe innerhalb einer Gruppe (siehe auch Intersektionalität) ggf. nicht in den Blickoder werden zum Verstummen gebracht (vgl. Hark/Villa 2017). Ein Beispiel bildet der Umgang einiger weißer, nicht-religiöser, den Islam pauschal verurteilenden Feministinnen mit antisexistischen Kämpfen von Personen, die sich selbstbewusst als Frauen und Musliminnen definieren (vgl. ebd.).

Ein weiterer Kritikpunkt, der gegenüber einigen Kulturrelativist/innen geäußert wird, besteht darin, dass sie Kulturen Dieser Punkt kann auch mit dem Problem zusammenfallen (das auch für viele kulturrelativistische Haltungen gilt), „Kulturen“ als mehr oder weniger fest abgrenzbare Zusammenhänge und Einheiten auffassenaufzufassen, denen einzelne Menschen zugeordnet sind, die dann tendenziell eher als Vertretende Vertreter/innen oder Angehörige einer Kultur erscheinen anstatt als eigenständige Individuen (vgl. Hark/Villa 2017 und Osterloh/Westerholt 2011).Diese Kritik lässt sich auch gegenüber Menschen erheben, die (sozusagen den Grundsatz des Kulturrelativismus in eine andere Richtung drehend) mit dem Hinweis auf eine vermeintliche „kulturelle Fremdheit“ von Migrant/innen (siehe Migration) diese als „Problem“ darstellen und aufgrund einer behaupteten Unvereinbarkeit der Kulturen von Schwierigkeiten im sozialen Zusammenlebenausgehen (und dann oft reale Phänomene als Bestätigung dafür einstufen) oder ein solches schlichtweg ablehnen. In dieser (gegenüber People of Color rassistischen) Argumentationsweise nimmt „Kultur“ eine Entlastungsfunktion ein, indem sich nicht mit beispielsweise ökonomischen oder politischen Ungleichheiten beschäftigt werden muss (vgl. ebd.).

Bezüge zur Sozialen Arbeit

(Text folgt)

Literatur

Hark, Sabine/Villa, Paula-Irene (2017): Unterscheiden und herrschen. Ein Essay zu den ambivalenten Verflechtungen von Rassismus, Sexismus und Feminismus in der Gegenwart. Bielefeld: transcript.

Osterloh, Katrin/ Westerholt, Nele (2011): Kultur. In: Arndt, Susan/ Ofuatey-Alazard, Nadja (Hrsg.): Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk. Münster: Unrast, S. 412–416.

Rammstedt, Otthein (2011): Relativismus. In: Fuchs-Heinritz, Werner et al. (Hrsg.): Lexikon zur Soziologie (5., überarbeitete Auflage). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 568.

van den Boom, Dirk (2002): Kulturrelativismus oder Universalismus? Hinweise zu einer schwierigen Entscheidung. URL: http://www.ahoi-home.de/PresseThemen/Archiv/MonatsThema0202.htm [17.02.2017].

Leuphana Universität Lüneburg / Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik / Projekt "KomPädenZ Potenzial" 2017


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