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= Gruppe innerhalb einer Bevölkerung, die als verbindendes Merkmal über die gleiche oder eine ähnliche wirtschaftliche Situation verfügt, aus der sich ihre Stellung in der Gesellschaft (soziale Ungleichheit) ergibt (vgl. Kohlmorgen 2007 und Rammstedt/König 2011).

Die wirtschaftliche Situation lässt sich dabei unter Bezug auf Karl Marx, auf den die Verwendung des Klassenbegriffs wesentlich zurückgeht, an der Frage nach der Verfügung über die Mittel festmachen, die für die Produktion von gesellschaftlichem Reichtum nötig sind. Der im 19. Jahrhundert von Marx entfalteten Kritik der kapitalistischen Gesellschaft zufolge stehen sich in dieser Frage die Klasse der Kapitalistinnen und Kapitalisten sowie die Klasse der Lohnarbeiterinnen wie Lohnarbeiter gegenüber: Während die Kapitalistinnen und Kapitalisten über die Produktionsmittel verfügen, z.B. in Form von Rohstoffen und Maschinen (und ihr Eigentum daran durch den Staat geschützt wird), sind die Lohnarbeitenden gezwungen, zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts ihre Arbeitskraft als Ware an die Kapitalistinnen und Kapitalisten zu verkaufen. Sie werden damit von ihrem ökonomischen Erfolg abhängig. Die Anwendung der Arbeitskraft im Produktionsprozess schafft mehr Wert als den Arbeiterinnen und Arbeitern als Lohn ausgezahlt wird. Das bezeichnete Marx als Ausbeutung (vgl. Marx 1962 und Kohlmorgen 2007).

In heutigen Debatten hat der Klassenbegriff an Bedeutung verloren (zum Teil werden die Begriffe Schicht und Milieu bevorzugt), ist aber nicht vollständig verschwunden. Zum einen besteht hier ein Zusammenhang zur Abwendung eines Teils der politischen Linken von der Kritik Marx'. Zum anderen wurden mit der Ausdehnung des Dienstleistungssektors und anderen Veränderungen in den (globalen) ökonomischen Strukturen auf eine vielgestaltigere Gliederung der Gesellschaft hingewiesen – vor allem aus feministischer Perspektive wurde gezeigt, dass in den meisten klassenorientierten Gesellschaftsbetrachtungen die Geschlechterverhältnisse nicht oder nur unzureichend berücksichtigt werden. In den Blick genommen werden müssen in diesem Zusammenhang sowohl die Binnendifferenzierung in den Klassen anhand der Geschlechter, als auch die in den modernen Gesellschaften neben der Lohnarbeit bestehenden Formen der Arbeit, wie beispielsweise Care-Arbeit. Geschlecht und Klassenzugehörigkeit sind als zwei von mehreren Faktoren und Dimensionen aufzufassen, die zu sozialen Benachteiligungen (soziale Ungleichheit) führen und sich gegenseitig beeinflussen sowie durchdringen (Intersektionalität), (vgl. Becker-Schmidt 2007; Kohlmorgen 2007 und Scholz 2005).

Die Veränderung der Rolle eines klassenorientierten Denkens spiegelt sich auch darin wider, dass das Wort „Prolet“ heute umgangssprachlich vor allem vorurteilsvoll und oft in beleidigender Absicht verwendet wird, während Marx von „Proletarierinnen und Proletariern“ (für ihn gleichbedeutend mit „Lohnarbeiterinnen und -arbeiter“) im Sinne des Verweises auf die benachteiligte Rolle im Produktionsprozess sprach (vgl. Becker-Schmidt 2007).

Bezüge zur Sozialen Arbeit

Wie oben bereits beschrieben, hat der Klassenbegriff inzwischen an Bedeutung verloren. In der Sozialen Arbeit spricht man eher von sozialer Schicht oder sozialem Milieu (siehe die Anwendungsbeispiele dort).

In den 1960er und 1970er Jahren (teilweise noch bis in die 1980er Jahre) bildeten der Begriff der „Klasse“ und auch die Unterstützung des „Klassenkampfes“ durch die Soziale Arbeit, die sich mit sozialen Problemlagen und deren Ursachen befasst(e), einen nicht unwesentlichen Teil der Debatte um die Aufgaben und Ziele der Sozialarbeit. So gab es eine große Gruppe von „marxistischen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern“, die die Debatten um die Aufgaben der Sozialen Arbeit in Richtung einer Unterstützung des Klassenkampfes beeinflussen wollten. „Sozialarbeit von unten“ (Khella 1981) wurde zum Leitbegriff dieser Bewegung (vgl. ebd.).

Literatur

Becker-Schmidt, Regina (2007): „Class“, „gender“, „ethnicity“, „race“: Logiken der Differenzsetzung, Verschränkungen von Ungleichheitslagen und gesellschaftliche Strukturierung. In: Klinger, Cornelia/ Knapp, Gudrun-Axeli/ Sauer, Birgit (Hrsg.): Achsen der Ungleichheit. Zum Verhältnis von Klasse, Geschlecht und Ethnizität. Frankfurt am Main/New York: Campus, S. 56–83.

Khella, Karam (1982): Sozialarbeit von unten. Hamburg: Theorie und Praxis Verlag.

Kohlmorgen, Lars (2007): Klasse, Geschlecht, Regulation – Ein integraler Ansatz der Sozialstrukturanalyse. In: Klinger, Cornelia/ Knapp, Gudrun-Axeli/ Sauer, Birgit (Hrsg.): Achsen der Ungleichheit. Zum Verhältnis von Klasse, Geschlecht und Ethnizität. Frankfurt am Main/New York: Campus, S. 163–177.

Marx, Karl (1962): Das Kapital. Kritik der Politischen Ökonomie. Erster Band: Der Produktionsprozeß des Kapitals. Berlin: Dietz.

Rammstedt, Otthein/ König, Alexandra (2011): Klasse. In: Fuchs-Heinritz et al. (Hrsg.): Lexikon zur Soziologie (5., überarbeitete Auflage). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 340–341.

Scholz, Roswitha (2005): Differenzen der Krise – Krise der Differenzen. Die neue Gesellschaftskritik im globalen Zeitalter und der Zusammenhang von „Rasse“, Klasse, Geschlecht und postmoderner Individualisierung. Bad Honnef: Horlemann.

Leuphana Universität Lüneburg / Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik / Projekt "KomPädenZ Potenzial" 2017


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