(ein aus den USA kommender und wesentlich von feministischen und Schwarzen Bewegungen geprägter Begriff, der ins Deutsche übersetzt „Selbstbefähigung“, „Selbst-Bemächtigung“ und „Selbst-Ermächtigung“ bedeutet (vgl. Can 2011 und Krisch et al. 2011))

= Prozess oder Handlungskonzept mit dem Ziel, Menschen zu befähigen, ihre Potenziale, Stärken und Ressourcen zu erkennen, sodass diese ihr Leben selbstbestimmt gestalten können (vgl. Krisch et al. 2011).

Empowerment kann als Prozess beschrieben werden, der die Wieder-Aneignung von Selbstgestaltungsprozessen im Kontext von öffentlichen bzw. sozialen Räumen anstößt (vgl. Krisch et al. 2011), wobei die persönliche Macht und Lebensautonomie prozessual individuell als auch kollektiv vergrößert werden soll (vgl. Hahn 2010).

Empowerment geht davon aus, „dass die Ressourcen und Potenziale jedes einzelnen Menschen der Ausgangs- und Mittelpunkt für individuelle und gesellschaftliche Veränderungen sind“ (Can 2011). Die Bewältigung von Problemlagen, Krisen, Konflikten oder Belastungen erfolgt dann aus eigener Kraft heraus und anhand der individuellen Selbstverfügungskräfte, der vorhandenen Stärken oder individuellen Ressourcen, um so ein relativ autonomes Leben führen zu können (vgl. Theunissen 2013). Der Begriff wird außerdem mit politisch ausgerichteter Macht und Durchsetzungskraft verbunden. Eine Macht, mit der sich bspw. Gruppen von Menschen mit Beeinträchtigungen, denen zuvor der Zugang zu u.a. gesellschaftlichen Institutionen und politischen Entscheidungen verwehrt wurde, aus der Position politischer Ohnmacht lösen und durch politische Einflussnahme und Emanzipation daraus entkommen. Dies kann zum Beispiel so aussehen, dass sie sich u.a. für den Abbau von Benachteiligungen sowie Barrieren starkmachen (Barrierefreiheit) und sich außerdem für rechtliche Gleichstellung und Gerechtigkeit engagieren.

Des Weiteren steht Empowerment im reflexiven Sinne für einen selbstbestimmten Lern-und Handlungsprozess, in dem Gruppen, die am Rande der Gesellschaft stehen, ihre Angelegenheiten selbst in die Hand nehmen. In diesem Prozess machen die Mitglieder der Gruppe sich die eigenen Fähigkeiten und vor allem die eigene Würde bewusst, entwickeln eigene Kräfte und nutzen soziale Ressourcen.

Außerdem wird Empowerment auch im transitiven Sinne benutzt. Das heißt, die Adressatinnen und Adressaten des Handlungskonzepts werden durch Dritte angeregt, ermutigt und in die Lage versetzt, Vertrauen in die eigenen Ressourcen zu entwickeln, um die persönlichen Angelegenheiten zu regeln, sich gegenüber anderen zu behaupten und sie letztlich für die individuelle Selbstgestaltung der Lebenswelt nutzen zu können (vgl. Kulig/Theunissen 2006).

Empowerment kann auch beinhalten, von mächtigeren Gruppen angebotene oder aufgezwungene Hilfsmaßnahmen zurückzuweisen, die Defizite zuschreiben und Differenzen konstruieren. Ein Beispiel dafür bilden Integrationskonzepte, die People of Color als bedürftige Objekte auffassen. Zum Empowerment von People of Color kann beispielsweise gehören, Räume zu schaffen, die nur ihnen offen stehen (vgl. Can 2011) und die bei der „Entwicklung einer kollektiven Kultur des selbstbewussten Widerstands gegen Ungleichheit sowie rassistische und diskriminierende soziale Gewalt- und Unterdrückungsstrukturen“ (ebd.) helfen.

Bezüge zur Sozialen Arbeit

Junge Menschen können durch Fachkräfte der Sozialen Arbeit dahingehend unterstützt werden, für ihre eigenen Rechte und Meinungen zu kämpfen, diese nach außen zu vertreten und sich selbst zu organisieren. Dafür benötigen sie Kompetenzen wie etwa Selbstbefähigung, Autonomie und Stärkung von Eigenmacht, die erst im Laufe des Lebens entwickelt und aufgebaut werden (vgl. Wendt 2015, S. 39 f.). Aufgabe der Fachkräfte könnte damit beispielsweise auch die Unterstützung zur Selbsthilfe der Adressat*innen sein, welche vielfach jedoch zu einem Konflikt innerhalb der Tätigkeit als Fachkraft der Sozialen Arbeit werden kann (vgl. Pankofer 2016, S. 167 ff.). In diesem Zusammenhang ist das Doppelte Mandat zu nennen, das in der Sozialen Arbeit immer mitgedacht und berücksichtigt werden sollte. So sind die Fachkräfte angehalten zum einen die Bedürfnisse und Bedarfe ihrer Adressat*innen zu erkennen und ernst zunehmen sowie zu wahren, zum anderen jedoch auch gesetzliche Vorgaben und die Belange der Gesellschaft im Blick zu behalten und auch nach deren Vorstellungen und Bedürfnissen die Arbeit auszurichten. Dieses beschriebene mögliche Spannungsverhältnis zwischen Adressat*innen-Orientierung und Gemeinwohl-Orientierung erfordert daher unausweichlich eine fachliche und persönliche Reflexion der Fachkräfte sowie einen bewussten Umgang mit Empowerment (vgl. Wendt 2015, S. 28 f. und Dettmann 2017, S. 27 ff.).

Fachkräfte der Sozialen Arbeit können in der täglichen Arbeit ihre Adressat*innen durch verschiedene Maßnahmen unterstützen, sodass die Fähigkeit des Empowerments von ihnen erlernt und mehr und mehr zu einer Handlungskompetenz werden kann. Kinder und Jugendliche können beispielsweise durch den gezielten Einsatz von Trainings, Arbeitsgruppen aber auch Gesprächen und dem alltäglichen Handeln begleitet und unterstützt werden, um so deren Autonomie oder auch Selbstbefähigung zu stärken. Eine sehr aktuelle Situation, in der die Empowermentkompetenz bei Kindern und Jugendlichen zu erkennen ist, sind die Fridays-for-Future-Demonstrationen. Hierbei machen junge Menschen auf ihre Bedürfnisse (z.B. Veränderungen der Klimapolitik, damit auch zukünftig ein menschliches Leben auf der Welt möglich sein wird) aufmerksam. Erst durch die Fähigkeit, die eigene Meinung zu äußern und dafür zu demonstrieren, um z.B. die Benachteiligung, die viele junge Menschen für sich erkennen und wahrnehmen, zu verhindern, zeigt sich die Bedeutung des Empowerments – auch und besonders für die Soziale Arbeit.


„Hilf mir, es selbst zu tun.

Zeig mir, wie es geht.

Tu es nicht für mich.

Ich kann und will es allein tun.

Hab Geduld, meine Wege zu begreifen.

Sie sind vielleicht länger, vielleicht brauche ich mehr Zeit, weil ich mehrere Versuche machen will.

Mute mir Fehler zu, denn aus ihnen kann ich lernen.“

(Maria Montessori)

Literatur

Can, Halil (2011): Empowerment - Selbstermächtigung in People of Color-Räumen. In: Arndt, Susan/ Ofuatey-Alazard, Nadja (Hrsg.): Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk. Münster: Unrast, S. 587-590.

Dettmann, Marlene-Anne (2017): Partizipation und Ressourcenorientierung in der Sozialen Arbeit – Eine Analyse zur Begriffssicherheit und theoretischen Fundierung. Dissertation, Hamburg. URL: https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=15&ved=2ahUKEwiG2rb-1uHlAhXJJVAKHWlgALIQFjAOegQIARAC&url=http%3A%2F%2Fediss.sub.uni-hamburg.de%2Fvolltexte%2F2017%2F8290%2Fpdf%2FDissertation.pdf&usg=AOvVaw0icEhAa5FG1AIl3C5Gy3Xi [Stand 06.11.2019].

Hahn, Kira (2010): Empowerment. In: FU Berlin/ Arbeitsbereich Interkulturelle Erziehungswissenschaft (Hrsg.): Glossar Interkulturelle Pädagogik. Ein Projekt von Studierenden der Erziehungswissenschaft unter der Leitung von Anne-Christin Schondelmayer. Berlin: FU, S. 27.

Krisch, Richard/ Stoik, Christoph/ Benrazougui-Hofbauer, Evelyn/ Kellner, Johannes (2011): Empowerment. In: Dies.: Glossar. Soziale Arbeit im öffentlichen Raum. Wien: Kompetenzzentrum für Soziale Arbeit GmbH, S. 33–34. URL: http://www.sozialraum.de/assets/files/projekte/2011_Glossar_Soziale_Arbeit_oeffentl_Raum.pdf [Stand 03.01.2017].

Kulig, Wolfram/ Theunissen, Georg (2006): Selbstbestimmung und Empowerment. In: Wüllenweben, Ernst/ Theunissen, Georg/ Mühl, Heinz (Hrsg.): Pädagogik bei geistigen Behinderungen. Stuttgart: W. Kohlhammer, S. 237–250.

Pankofer, Sabine (2016): Empowerment und Zwang – eine unmögliche Beziehung? In: Miller, Tilly/ Pankofer, Sabione (Hrsg.): Empowerment konkret! Handlungsentwürfe und Reflexionen aus der psychosozialen Praxis, Lucius und Lucius, Stuttgart.

Theunissen, Georg (2013): Empowerment und Inklusion behinderter Menschen (3. Aufl.). Freiburg am Breisgau: Lambertus-Verlag.

Kulig, Wolfram/ Theunissen, Georg (2006): Selbstbestimmung und Empowerment. In: Wüllenweben, Ernst/ Theunissen, Georg/ Mühl, Heinz (Hrsg.): Pädagogik bei geistigen Behinderungen. Stuttgart: W. Kohlhammer, S. 237–250.

Wendt, Peter-Ulrich (2015): Lehrbuch Methoden der Sozialen Arbeit, Beltz Juventa Verlag, Weinheim Basel.

Leuphana Universität Lüneburg / Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik / Projekt "KomPädenZ Potenzial" 2019


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